[1] Die Geschichte des Armorikanischen Massivs

Armorikanisches Massiv:

n. m. n. m. – Bezeichnung für die Gesamtheit geologischer Formationen aus dem Proterozoikum und dem Paläozoikum, die im Westen Frankreichs (Bretagne, Westnormandie, Kanalinseln, Pays de la Loire und ein Teil des Départements Deux-Sèvres) zu finden sind (modifiziert nach Ballèvre et al., 2013).).

Die diesem Massiv zugeordneten Gesteine sind dort sichtbar, wo oberflächennahe Ablagerungen (Böden, Sande, Alluvionen etc.) fehlen oder abgetragen wurden: sogenannte Aufschlüsse. Diese natürlichen (Klippen, Blockmeere, Felsplatten, Höhlen…) oder künstlichen Aufschlüsse (Böschungen, Steinbrüche, Tunnel, Einschnitte…) ermöglichen eine geographisch-geologische Abgrenzung des Armorikanischen Massivs.

Seine Grenzen werden durch jüngere Gesteinseinheiten aus dem Mesozoikum und Känozoikum markiert. Im Norden taucht es unter dem Ärmelkanal ab, im Westen unter dem Golf von Biskaya, im Osten grenzt es an das Pariser Becken, im Süden an das Aquitanische Becken.

Eine sehr lange Geschichte…

Die Geschichte des Armorikanischen Massivs ist komplex, da sie sehr weit in die Erdgeschichte zurückreicht und mehrere Urkontinente umfasst, die sich im Lauf der Zeit gegeneinander bewegt haben. In vereinfachter Form lässt sich die Entwicklung – nach Ballèvre et al., 2013 – wie folgt darstellen:

1 Ursprung.
Irgendwo auf der Erde kristallisieren Gesteine aus abkühlendem Magma und beginnen sich infolge von Druck- und Temperaturanstieg zu verformen. Diese Gesteine gehören zu den ältesten Frankreichs – ihr Alter liegt zwischen 2,2 und 1,8 Milliarden Jahren! Ihr Ursprungsort ist jedoch unbekannt, da sie zu alt sind, um eindeutig zugeordnet zu werden.

2. 750 bis 540 Millionen Jahre – Die Kadomische Gebirgskette Diese Gebirgskette entsteht auf der Südhalbkugel durch das Abtauchen einer ozeanischen Platte (Iapetus) unter eine kontinentale Platte des Urkontinents Protogondwana. Die Verformung und Neubildung von Gesteinen konzentriert sich entlang des Nordrandes dieses Urkontinents. Gondwana, wie sich der Kontinent später nennt, umfasst heute Teile von Afrika, Südamerika, Südeuropa, der Antarktis, Südasien, Australien, Neuguinea, Indien, Madagaskar, Florida usw.

Hinweis: Mit diesem Abschnitt endet das Proterozoikum und das Phanerozoikum beginnt – ein Detailblick auf diese Epoche ist nötig, um die weitere Entwicklung besser zu verstehen.

3. 540 bis 420 Millionen Jahre – Rifting am Südpol Ein Teil Gondwanas liegt damals südlich des antarktischen Polarkreises. Die Erdkruste wird hier gedehnt, ausgedünnt und zerbricht. Neue Gesteine entstehen vor allem im Meer – durch Vulkanismus oder durch Sedimente, die von der Erosion der kadomischen Berge stammen. Auf der anderen Seite des Iapetus taucht dieser nun unter den Kontinent Laurentia im Norden ab, was die Gondwana-Fragmente nach Norden drängt.

4. 420 bis 360 Millionen Jahre – Kollision Avalonia-Laurussia Der Iapetus-Ozean verschwindet infolge der Subduktion vollständig. Ein Bruchstück Gondwanas – das umstrittene Avalonia – kollidiert mit dem Großkontinent Laurussia (bestehend aus Laurentia und dem weiter östlich liegenden Baltica). In der Kollisionszone kommt es durch Druck und Hitze erneut zu Gesteinsverformungen, Magmenaufstieg und Neubildung. Im Süden entstehen weiter Gesteine in marinen Umgebungen, z. B. im Rheischen Ozean oder im Galicien-Massif-Central-Becken.

5. 360 bis 300 Millionen Jahre – Gebirgsbildung: Die variszische Orogenese Die Rheischen und Galicien-Ozeane schließen sich, als Laurussia-Avalonia und Gondwana kollidieren. Das Resultat ist die Bildung der variszischen Gebirgskette (auch herzynische Gebirgskette) entlang des Äquators auf dem Superkontinent Pangäa.

In deren Kern führen Druck und Temperatur ein letztes Mal zur Verformung und Metamorphose älterer Gesteine. Gleichzeitig schmilzt ein Teil der Erdkruste, wodurch Magma aufsteigen kann.

6. Abtrag und Kontinentaldrift Schon vor 300 Millionen Jahren setzt die Erosion des variszischen Gebirges ein – durch Regen, Wind und Gletscher. Das Gebirge verliert an Höhe. Gleichzeitig beginnt die Erdkruste sich auszugleichen und wird dünner, bis sich Gondwana vor rund 200 Millionen Jahren zu spalten beginnt – der Atlantik öffnet sich. Die Verschiebung der Kontinente ist das Ergebnis von Plattenbewegungen.

Für das Armorikanische Massiv bedeutet das: seine Bewegung ging immer weiter nach Norden.

7. Die letzten 3 Millionen Jahre – das heutige Gesicht Während der letzten drei Millionen Jahre liegt das Armorikanische Massiv etwa auf der heutigen geografischen Breite. Diese Zeit ist geprägt durch Eiszeitzyklen im Rhythmus von ca. 100.000 Jahren. Klimawandel und Meeresspiegelschwankungen führen zu Frostsprengung, Wassererosion an den Küsten (vor allem in Warmphasen) und zur Bildung vieler oberflächennaher Ablagerungen auf den Massivgesteinen.

Das hohe Alter und die komplexe geologische Geschichte des Armorikanischen Massivs erklären die große mineralogische Vielfalt, die hier zu beobachten ist. Die in diesem virtuellen Museum präsentierte Sammlung belegt dies eindrucksvoll anhand zahlreicher Gesteins- und Mineralienarten.